Ein Viertel der Gladbecker Kinder ist zu dick
Die Grundschüler werden in der ersten und der vierten Klasse getestet. Dirk Knappmann sieht Verbesserungen, aber auch noch Luft nach oben
Die Auswertungen des sportmotorischen Tests in den Klassen eins und vier haben teils Erschreckendes ergeben: 25 Prozent der Gladbecker Kinder leiden an Übergewicht. Nach den Herbstferien steht die nächste Runde des Tests an, dann unterziehen sich die Erstklässler aller Gladbecker Grundschulen erneut den sportlichen Übungen. Ihre Fähigkeiten im Bereich der Ausdauer, Beweglichkeit, Kraft und auch beim Schwimmen werden unter die Lupe genommen, um schon früh mögliche Defizite, aber auch Talente zu erkennen. Vor dem Schulwechsel steht dann ein erneuter Test an. Die kürzlich im Sportausschuss vorgestellten Ergebnisse der bisherigen Tests machen einerseits Mut, andererseits zeigen sie aber auch, dass noch Nachholbedarf besteht.
Weniger als eine Stunde Bewegung
„Bei den Tests gehen wir bewusst in die Schulen und führen die Überprüfungen in einer normalen Sportstunde durch“, sagt Dirk Knappmann, der das vom Gladbecker Bündnis für Familie – Erziehung, Bildung, Zukunft unterstützte Projekt koordiniert. Somit soll für die Kinder gar keine Testsituation entstehen, viel mehr sollen sie ihre Fähigkeiten spielerisch unter Beweis stellen. Dabei kam in der jüngsten Auswertung teils Erschreckendes heraus. Zwar gelten 69 Prozent der Kinder in der ersten und vierten Klasse als normalgewichtig, dagegen stehen aber auch 13 Prozent übergewichtige und gar zwölf Prozent adipöse Kinder. „Das geht oft mit dem ADHS-Syndrom und Diabetes-Erkrankungen, die normalerweise erst in der Generation 60+ zu erwarten sind, einher“, erklärt Dirk Knappmann.
Um dem langfristig vorzubeugen, hat es sich das Projekt auf die Fahnen geschrieben, Kinder an den Sport heranzuführen und den Lehrern und auch den Kräften im offenen Ganztag Hilfestellungen zu geben. „Eine Studie hat gezeigt, dass sich nur noch 28,6 Prozent der Kinder im Alter von sechs Jahren mindestens eine Stunde am Tag aktiv bewegen“, sagt Knappmann. Damit sei nicht zwingend eine sportliche Betätigung gemeint. Die von Sportwissenschaftler Klaus Bös durchgeführten Untersuchungen zeigen, dass die Bewegungsbereitschaft bereits im Alter von zehn Jahren auf 17,3 Prozent sinken, im Alter von 17 Jahren bewegen sich gerade mal 3,3 Prozent der Jugendlichen mehr als eine Stunde am Tag.
Schon im Grundschulalter machen sich deutliche Defizite bemerkbar. So haben die Gladbecker Schüler im Ausdauertest, der einen sechs-Minuten-Lauf beinhaltet, besonders schlecht abgeschnitten. „Das kann schon früh zu Herzkreislaufproblemen führen“, erläutert Knappmann. Immerhin gibt es aber auch einen Anteil von 13 Prozent der Kinder, die über dem Durchschnitt lagen. Über dem Durchschnitt schneiden die Schüler beispielsweise bei den Koordinationsübungen ab. Vor allem das seitliche Hin- und Herspringen beherrschen die Gladbecker.
Zusammenhang zum Lernerfolg
Insgesamt wurden 6356 Kinder getestet, 1365 davon haben bereits den Retest in der vierten Klasse absolviert. Dort stellte Sportkoordinator Dirk Knappmann fest: „Die Kinder die wir zum zweiten Mal getestet haben, haben sich zumindest verbessert. Das ist schon mal ein gutes Zeichen.“ Denn es ließen sich durchaus auch Rückschlüsse auf die schulischen Leistungen ziehen. „Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen Kindern, die sich wenig bewegen, und einer Lese-Rechtschreibschwäche“, sagt Knappmann.
Ihm ist aber durchaus bewusst, dass die Maßnahmen, die durch Lehrer und Betreuer ergriffen werden können, nicht die einzigen bleiben sollten. „Die Kinder müssen sich auch angemessen ernähren und dabei von ihren Eltern unterstützt werden“, so Knappmann. Er betrachtet die Entwicklung der Kinder deshalb als eine Aufgabe, die die gesamte Gesellschaft betrifft.
Wie gut es darum bestellt ist, wird sich nach den Herbstferien zeigen, wenn die Erstklässler wieder Besuch von Dirk Knappmann und seinem Team bekommen, und auf ihre Fähigkeiten und Talente überprüft werden.
Jedes zweite Mädchen kann nicht schwimmen
Immerhin 67 Prozent der Jungen, und 46 Prozent der Mädchen, die eine vierte Klasse in Gladbeck besuchen, sagen von sich, dass sie schwimmen können. Gerade bei den Jungen, bei denen in der ersten Klasse nur 40 Prozent diese Frage bejahen, macht sich hier eine deutliche Entwicklung bemerkbar.
Die Statistik zeigt aber auch, in welchen Stadtteilen der Teil der Nichtschwimmer besonders hoch ist. „Hier sprechen wir – genau wie bei den Adipositas Fällen – von einem deutlichen Nord-Süd-Gefälle“, sagt Sportkoordinator Dirk Knappmann.
Am schlechtesten schneidet Brauck ab. Dort können nur 55 Prozent der Kinder schwimmen, Spitzenreiter ist Rentfort mit 81 Prozent. Dazwischen liegen Zweckel (78), Mitte (73), Ellinghorst (70) und Butendorf (68).
Damit die Kinder sich – nicht nur im Wasser – passgenau weiterentwickeln, sieht das Projekt entsprechende, kompensatorische Angebote vor. Dabei sind die Schulen nicht auf sich allein gestellt, sondern können auch auf die Unterstützung der Vereine setzen. So bringt der VfL Gladbeck den Erstklässlern beispielsweise das Schwimmen bei, an der Pestalozzischule sind aktive Bewegungspause im Unterricht eingeführt worden.
„Unsere Studie dient auch dazu, den Lehrern etwas an die Hand zu geben, womit sie den Sportunterricht spezifischer für die Bedürfnisse der Kinder ausrichten können“, sagt Dirk Knappmann. Und die dem Koordinator in den Gesprächen bereits in positives Feedback gegeben. Darauf soll aufgebaut werden.