Ein verlorener Sohn, der kein Wunderheiler sein will

Ein verlorener Sohn, der kein Wunderheiler sein will

In der Handball-Bundesliga ist Rückkehrer Michael Hegemann ist der Hoffnungsträger bei Wiederaufsteiger HSG Düsseldorf. In der Landeshauptstadt reifte Hegemann zum Nationalspieler heran. Dass er noch einmal das Trikot mit dem Bundesadler tragen darf, bezweifelt er.

Den Gang unter die Dusche hätte sich Michael Hegemann auch sparen können. Selbst im Schatten der Reisholzer Mittagssonne schwitzte es sich am gestrigen Dienstag fast von selbst. Vor allem, wenn man wie der Blondschopf bereits eine zweistündige Trainingseinheit bei Erstliga-Aufsteiger HSG in den Knochen hatte. Doch Hegemann lächelt unbeeindruckt. Fast wirkt es so, als wäre er nie weg gewesen. Dabei ist es vier Jahre her, als der 32-Jährige auszog, um die Handball-Welt zu erobern.

Bei der HSG hat man den großen Blonden nie vergessen. Im Gegenteil. Mit offenen Armen, aber zugleich auch mit tonnenschweren Erwartungshaltungen wurde er empfangen. Viele sehen in ihm fast schon etwas martialisch den „verlorenen Sohn”. Den Spieler, der den Verein in der Saison 2003/04 mit 253 Toren fast im Alleingang in die höchste Liga warf. Doch daran will sich der Rückraumspieler nicht messen lassen

„Sicherlich hatte ich die ganzen Jahre über eine starke Bindung zur HSG. Doch bei einem Sportler gibt es keine Vergangenheit. Ich bin kein Wunderheiler und werde nur gut spielen, wenn mir die Mannschaft dabei hilft”, bekennt Hegemann.

Flucht ins Haifischbecken

Auch wenn der ehemalige Mindener kein Wunderheiler sein will, so ist er zumindest der große Hoffnungsträger der HSG im zu erwartenden Kampf um den Klassenerhalt. Vor vier Jahren trat er unter gleichen Voraussetzungen die Flucht nach vorn an. Doch der Wechsel zum VfL Gummersbach endete für ihn nur allzu oft auf der Reservebank.

„Letztendlich bin ich beim VfL in einem Haifischbecken gelandet. Dabei habe ich die HSG verlassen, um international spielen zu können. Ich war damals vom Kopf her soweit, dass es an der Zeit war, den nächsten Schritt zu machen”, blickt Hegemann zurück. Die Rechnung hatte er ohne den damaligen VfL-Trainer gemacht. Das Verhältnis zu Velimir Klajic endete in Ignoranz.

Hegemann hat diese Erfahrung für sich als Reifeprozess verbucht. Anfangs war es schwierig für ihn, damit umzugehen. Doch mit dem Wechsel zum TBV Lemgo kehrte auch das angekratzte Selbstvertrauen zurück, das nach zwei Jahren und dem Wechsel zu seinem ehemaligen Düsseldorfer Ziehvater Richard Ratka nach Minden neu aufblühte. Mit der Rückkehr nach Düsseldorf schließt sich für Hegemann der Kreis.

In der Landeshauptstadt reifte er zum Nationalspieler heran. Ob er allerdings noch einmal das Trikot mit dem Bundesadler überstreifen wird, ist fraglich: „Trainer Heiner Brand baut mit Blick auf Olympia 2012 auf einen Perspektivkader. Ich glaube deshalb nicht, dass ich in meinem Alter noch einmal zum Einsatz kommen werde.”

Jubelarien an der Autobahn

Sollte Hegemann Recht behalten, war der Titelgewinn bei der Weltmeisterschaft 2007 im eigenen Land zugleich sein Abschied von der Nationalmannschaft. Obwohl er als Ergänzungsspieler keine Minute zum Einsatz kam, blickt er dennoch mit positiven Erinnerungen auf die WM zurück: „Es war zwar schade, nicht spielen zu dürfen. Doch ich bin sehr dankbar, so einen Turniergewinn überhaupt miterlebt zu haben. Ich werde nie die Bilder vergessen, als uns die Leute auf dem Weg zum Finale an jeder Autobahn mit Fahnen gewunken haben. Das waren einzigartige Momente!”

Michael Hegemanns volle Konzentration gilt nun dem Klassenerhalt mit der HSG. Dafür wird er ordentlich schwitzen müssen. Auch, um aus seinem eigenen Schatten zu treten, den er mit seinen herausragenden Leistungen und seiner sympathischen Art in Düsseldorf hinterlassen hat.

Quelle | www.derwesten.de (Marcus Gülck)
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